Keine Unterschrift erforderlich: Kindergeld konnte per formloser E-Mail beantragt werden

Nach dem Einkommensteuergesetz muss das Kindergeld bei der zuständigen Familienkasse schriftlich beantragt werden. Seit dem 10.12.2020 enthält das Gesetz zudem den Zusatz, dass auch eine elektronische Antragstellung nach amtlich vorgeschriebenem Datensatz über die amtlich vorgeschriebene Schnittstelle zulässig ist, soweit dieser Zugang eröffnet wurde.

Der Bundesfinanzhof (BFH) hat jetzt entschieden, dass ein Kindergeldantrag jedenfalls vor dem 10.12.2020 noch mit einer einfachen E-Mail ohne Unterschrift bzw. Signatur und ohne Beifügung des amtlichen Vordrucks im PDF-Format gestellt werden konnte.

Im Urteilsfall hatte eine Frau am 16.07.2019 eine einfache E-Mail an die Familienkasse mit dem Betreff "Kindergeld - kein Zahlungseingang seit Mai 2018" gesendet und darin unter Nennung einer früheren Kindergeldnummer beanstandet, dass sie seit der letzten Kindergeldzahlung im April 2018 kein Kindergeld mehr erhalten habe. In der E-Mail waren unter anderem der Name, die Adresse und die Telefonnummer der Frau angegeben. Die Familienkasse erkannte die einfache E-Mail mangels Unterschrift nicht als formwirksamen Antrag an, der BFH jedoch schon.

Das Gericht erklärte, dass im Steuerrecht aus dem Begriff "schriftlich" nicht ohne Weiteres ein Unterschriftserfordernis abgeleitet werden dürfe. Bei einem Antrag, der die Bearbeitung lediglich anstößt, aber noch nicht unmittelbar zum Abschluss des Verfahrens führt, muss lediglich die Identität des Antragstellers feststellbar sein und erkennbar sein, dass und für welche Kinder er Kindergeld begehrt. "Schriftlich" bedeutet hiernach, dass der Kindergeldantrag verschriftlicht sein muss, damit sein Inhalt im Verwaltungsverfahren, aber auch im Rechtsbehelfs- und Klageverfahren, dokumentiert und überprüfbar ist.

Die Bundesrichter erklärten weiter, dass in der E-Mail auch nicht ausdrücklich ein "Antrag" gestellt werden müsse. Es genüge vielmehr, dass sich dies aus dem Text durch Auslegung entnehmen lasse. An die Form eines Kindergeldantrags sind nach Gerichtsmeinung keine hohen Anforderungen zu stellen, da das Kindergeld der Wahrung des Grundsatzes der Steuerfreiheit des Existenzminimums und der Förderung der Familie diene.

Hinweis: Ob eine einfache E-Mail ohne Unterschrift auch ab dem 10.12.2020 noch für einen formwirksamen Kindergeldantrag genügt, ließ der BFH offen. Antragsteller sind daher gut beraten, für die Antragstellung auf das Online-Portal der Familienkasse zurückzugreifen.

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(aus: Ausgabe 03/2024)