Es war für einen Anleger aus Baden-Württemberg vielleicht das Geschäft seines Lebens: Er hatte im September 2008 sogenannte Xetra-Gold-Inhaberschuldverschreibungen erworben und bereits im März 2010 mit einem Gewinn von 623.000 EUR wieder veräußert.
Hinweis: Bei diesen Schuldverschreibungen handelte es sich um börsenfähige Wertpapiere, die dem Inhaber das Recht auf Auslieferung eines Gramms Gold gewährten, das jederzeit innerhalb von zehn Tagen gegenüber der Bank geltend gemacht werden konnte. Daneben hatte der Anleger die Möglichkeit, die Wertpapiere an der Börse zu handeln. Zur Besicherung und Erfüllbarkeit der Auslieferungsansprüche war die Inhaberschuldverschreibung jederzeit zu mindestens 95 % durch physisch eingelagertes Gold gedeckt.
Das Finanzamt hatte den entstandenen Veräußerungsgewinn später als Einkünfte aus Kapitalvermögen besteuert, der Anleger konnte diesen Steuerzugriff jedoch vor dem Bundesfinanzhof (BFH) abwenden. Die Bundesrichter entschieden, dass der Veräußerungsgewinn nicht zu steuerbaren Einkünften aus Kapitalvermögen führte, weil die Schuldverschreibung keine Kapitalforderung verbriefte, sondern einen Anspruch auf Lieferung physischen Goldes (= Sachleistung). Der Anspruch auf die Goldlieferung wird nach Gerichtsmeinung auch nicht deshalb zu einer Kapitalforderung, weil zahlreiche Anleger die Xetra-Gold-Inhaberschuldverschreibungen auf dem Sekundärmarkt gehandelt hatten. Der BFH stellte den Kauf bzw. Verkauf der Inhaberschuldverschreibungen somit mit einem unmittelbaren Kauf bzw. Verkauf von physischem Gold gleich. Letztere Goldgeschäfte stuft der BFH seit jeher als privates Veräußerungsgeschäft ein, so dass entsprechende Gewinne nicht steuerbar sind, sofern der Verkauf nach Ablauf der einjährigen Spekulationsfrist erfolgt. Weil diese Frist im Urteilsfall bereits abgelaufen war, musste der Anleger seinen stattlichen Gewinn somit nicht versteuern.
Hinweis: Das Bundesfinanzministerium vertritt momentan noch die Auffassung, dass derartige verbriefte Lieferansprüche zu steuerpflichtigen „sonstigen Kapitalforderungen“ führen. Es kann daher sein, dass die Finanzverwaltung demnächst mit einem Nichtanwendungserlass auf das Urteil reagieren wird.
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(aus: Ausgabe 11/2015)
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