Viele deutsche Unternehmer müssen bei der Umsatzsteuer die Regeln der sogenannten Sollbesteuerung beachten: Sie müssen die Steuer an das Finanzamt abführen, noch bevor sie das Geld von ihrem Vertragspartner erhalten haben. Das ist zuweilen ärgerlich, da die Unternehmer die Umsatzsteuer vorfinanzieren müssen.
Beispiel: Ein Bauunternehmer baut für eine Kommune eine Schule. Für die schlüsselfertige Erstellung wird ein Nettopreis von 1 Mio. EUR vereinbart. Die Umsatzsteuer in Höhe von 190.000 EUR entsteht im Prinzip bereits mit der Abnahme des Gebäudes durch die Kommune. Auf den Zeitpunkt der Zahlung kommt es nicht an.
Der Bundesfinanzhof (BFH) hat bereits 2013 entschieden, dass diese Regelung nicht ohne weiteres für Sicherungseinbehalte in der Baubranche gilt, die der Vertragspartner für etwaige Baumängel zurückbehält.
Wenn im Bauvertrag beispielsweise ein Sicherungseinbehalt von 5 % für die Dauer der Gewährleistungsfrist von fünf Jahren vereinbart wurde, ändert sich die Situation. Nach der Rechtsprechung des BFH muss der Bauunternehmer dann lediglich die um den Sicherungseinbehalt geminderte Summe versteuern. Damit reduziert sich im obigen Beispiel die abzuführende Umsatzsteuer auf 180.500 EUR. Erst nach Zahlung der vollen Vertragssumme muss auch die restliche Steuer an das Finanzamt abgeführt werden.
Kann der Unternehmer den Sicherungseinbehalt allerdings durch eine Bankbürgschaft abwenden, muss er doch die volle Summe versteuern. Das Bundesfinanzministerium weist nun darauf hin, dass es nicht darauf ankommt, ob dem Vertragspartner tatsächlich eine solche Bürgschaft vorgelegt wurde. Vielmehr reicht es schon, dass der Sicherungseinbehalt durch eine Bankbürgschaft hätte abgewendet werden können.
Hinweis: Da Sie als Unternehmer gegebenenfalls beweisen müssen, dass Sie den Sicherungseinbehalt nicht durch eine Bankbürgschaft abwenden konnten, sollten Sie entsprechende Anfragen an Banken richten. Werden diese abgelehnt, können Sie damit nachweisen, keine Bankbürgschaft bekommen zu haben.
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(aus: Ausgabe 11/2015)
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