Volljährige Kinder werden kindergeldrechtlich bis zu ihrem 25. Geburtstag berücksichtigt, wenn sie noch für einen Beruf ausgebildet werden oder eine Berufsausbildung mangels Ausbildungsplatz nicht beginnen oder fortsetzen können. Eine Kindergeldgewährung wegen Berufsausbildung des Kindes scheidet nach einem neuen Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) aber aus, wenn die Ausbildung wegen einer nicht nur vorübergehenden Erkrankung des Kindes auf Eis liegt.
Im zugrundeliegenden Fall hatte ein junger Erwachsener während seiner Ausbildung einen schweren Unfall mit Schädelbasisbruch und Schädel-Hirn-Trauma erlitten und nach seinem Krankenhausaufenthalt verschiedene Rehamaßnahmen durchlaufen, von denen die letzte 17 Monate nach dem Unfall begann. Das Finanzgericht (FG) sprach der Mutter in erster Instanz einen Kindergeldanspruch für die ersten acht Monate nach dem Unfall zu, weil das Ausbildungsverhältnis nach Gerichtsmeinung fortbestanden hatte und der Wille belegt war, die Ausbildung baldmöglichst fortzusetzen.
Der BFH ist dem nun entgegengetreten, hat die FG-Entscheidung aufgehoben und die Sache zur weiteren Sachaufklärung an das FG zurückverwiesen. Nach Ansicht der Bundesrichter befindet sich ein Kind nur dann in einer kindergeldrechtlich anzuerkennenden Berufsausbildung, wenn es sein Berufsziel noch nicht erreicht hat, sich aber ernsthaft und nachhaltig darauf vorbereitet. Eine lediglich vorübergehende Unterbrechung der Ausbildung wegen einer Erkrankung gefährdet den Kindergeldanspruch zwar nicht; wird die Erkrankung aber mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate andauern, kann das Kind nicht mehr wegen einer laufenden Ausbildung berücksichtigt werden.
Hinweis: Das FG muss nun in einem zweiten Rechtsgang prüfen, ob die sechs Monate übersteigende Erkrankungsdauer bereits in den ersten Monaten nach dem Unfall mit hoher Wahrscheinlichkeit erwartbar gewesen ist. Falls zunächst eine schnellere Genesung möglich schien, könnte der Kindergeldanspruch für diesen Zeitraum noch wegen eines fortbestehenden Ausbildungsverhältnisses begründet sein. Für die Monate, in denen die schnelle Genesung nicht (mehr) möglich schien, ist der Kindergeldanspruch aber ebenfalls noch nicht endgültig verloren: Hier muss geprüft werden, ob das Kindergeld möglicherweise aufgrund einer Behinderung zuerkannt werden kann.
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(aus: Ausgabe 07/2022)
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