Als sogenannte weiße Einkünfte werden Einkünfte bezeichnet, die bei einem grenzüberschreitenden Sachverhalt in keinem der in Frage kommenden Staaten besteuert werden, obwohl sie bei einem vergleichbaren Inlandssachverhalt steuerpflichtig wären. Das Finanzgericht Rheinland-Pfalz musste sich kürzlich mit diesem Thema befassen.


Geklagt hatte ein ehemals angestellter Geschäftsführer einer deutschen GmbH, der nach seiner Kündigung zum 31.12.2008 nach London gezogen war. Die vereinbarte Abfindung von 500.000 EUR erhielt er allerdings erst am 05.01.2009. In Deutschland war der ehemalige Geschäftsführer nach seinem Wegzug nicht mehr steuerpflichtig. Eine Versteuerung in Großbritannien war aber ebenfalls ausgeschlossen. Um den Grund dafür zu verstehen, ist ein näherer Blick auf die steuerrechtlichen Regelungen beider Länder erforderlich.


Üblicherweise werden zur Vermeidung einer doppelten Besteuerung zwischen zwei Staaten sogenannte Doppelbesteuerungsabkommen geschlossen. Darin wird exakt geregelt, welches Land in welchem Fall das Besteuerungsrecht hat. Und im Fall des Geschäftsführers war das Großbritannien. Denn der Mann lebte in London und wollte sich dort nachweislich eine neue Existenz aufbauen. Er war dort ansässig.


In Großbritannien gibt es aber – wie auch in Deutschland – unterschiedlich starke Besteuerungspflichten. In Deutschland gibt es zum Beispiel die unbeschränkte Steuerpflicht (hierbei unterliegt das Welteinkommen in Deutschland der Besteuerung) und die beschränkte Steuerpflicht (hierbei werden nur die in Deutschland erzielten Einkünfte besteuert). In Großbritannien existieren ähnliche Abgrenzungen. Der Geschäftsführer war paradoxerweise als „resident“ nur mit seinen britischen Einkünften in Großbritannien steuerpflichtig. Die deutschen Einkünfte – also die Abfindung – blieben außen vor.


Im Ergebnis hatte also Großbritannien zwar das Besteuerungsrecht, aber keine Möglichkeit, die Abfindung zu besteuern, da es sich dabei um nichtbritische Einkünfte handelte. Der Geschäftsführer konnte daher seine weißen Einkünfte weiterhin unversteuert lassen.


Hinweis: Die weißen Einkünfte wären nicht entstanden, wenn der Geschäftsführer die Versteuerung nur hätte vermeiden wollen. Ein fingierter Wegzug hätte – als Missbrauch von Gestaltungsmöglichkeiten – nicht funktioniert.

 

 

Information für: Arbeitgeber und Arbeitnehmer
zum Thema: Einkommensteuer

(aus: Ausgabe 06/2018)

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